20.05.2019

Josef Matsche betreibt eine Heilpflanzenschule und ist in Bad Birnbach bekannt für seine interessanten Führungen durch die Natur. Nun hat er zum ersten Mal Kurgäste über die Streuobstwiese geführt – das Interesse war trotz des schlechten Wetters groß. Interview mit dem Wald- und Wiesenführer Josef Matsche über das große Interesse an der Streuobstwiese im Kurpark von Bad Birnbach.

Herr Matsche, wieviele Kurgäste kamen denn, das Wetter war ja nicht so toll?

Stimmt, es war kalt und nass, aber rund zehn Kurgäste nahmen an der Führung teil, und die haben es auch nicht bereut. Auch wenn man sich einen Obstgarten immer mit viel Sonne vorstellt, hat er gerade bei feuchtem Wetter einen großen Reiz. Dann riechen der Boden und die Bäume viel intensiver.

Was haben Sie den Gästen denn gezeigt?

Wir trafen uns im Artrium und wanderten dann durchs Kurgebiet zu unserer Streuobstwiese. Die lag ja in den letzten 20 Jahren in einem Dornröschenschlaf und ist jetzt durch das Bündnis für den Schutz von Streuobstwiesen wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Das hat diese Wiese auch verdient, finde ich. Denn es war schon eine mutige Entscheidung damals, diese 12.500 Quadratmeter große Fläche mitten im Kurgebiet bewusst frei von Bebauung zu lassen. Jetzt ist sie ein idealer Ort, um unsere Gäste auf den Wert dieser Biotope hinzuweisen.

„In Deutschland gibt es rund 1.000 Apfelsorten, im Supermarkt finden Sie bestenfalls sieben.“

Worin genau besteht der?

Das ist zum einen der Artenschutz: Streuobstwiesen bieten sehr vielfältige Lebensräume für Pflanzen, Insekten und Tiere. Und dann finden wir auf Ihnen sehr viele alte Obstsorten. Wußten Sie, dass es in Deutschland etwa 1.000 verschiedene Apfelsorten gibt? Im Supermarkt finden Sie bestenfalls sieben. Wir haben bei der Führung mehrere Sorten probiert, auch ganz kleine Äpfel, die so gar nicht in den Handel kommen dürfen. Aber etwa von Tomaten weiß man: je kleiner die Frucht, desto intensiver ist der Geschmack. Ich habe dann mehrere Äpfel in der Mitte aufgeschnitten, um zu zeigen, wie gut der Insektenbestand an dem Ort ist, an dem die Frucht gewachsen ist.

Was gibt da für einen Zusammenhang?

Wenn sie einen Apfel quer in der Mitte durchschneiden und ein einigermaßen regelmäßiger fünfzackiger Stern erscheint in der Mitte, dann wissen Sie, dass die Frucht mehrmals bestäubt wurde, so wie es eigentlich sein soll. Das wird eine Frucht aber nur, wenn es genügend Insekten gibt.

„Manche Bäume sind in den letzten 20 Jahren doppelt so stark gewachsen wie andere.“

Haben Sie selbst auch etwas Neues erfahren auf der Wiese?

Ja. Alle Obstbäume auf der Wiese sind ja gleichzeitig gepflanzt worden. Doch sie sind in den letzten 20 Jahren ganz unterschiedlich gewachsen. Manche Stämme haben einen Durchmesser von 15 cm., andere sind doppelt so dick! Das hat mit dem Boden zu tun, der durch die Bautätigkeit damals sicher an manchen Stellen verdichtet wurde, zum anderen aber auch damit, dass manche der Bäume nicht ganz für diesen Standort geeignet sind. Das hat ja auch schon der Pomologe von Wolfra, Dr. Grünwald festgestellt. Er wird einige Bäume entfernen müssen und andere neu pflanzen.

Mehr über das Bündnis für Streuobstwiesen
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Interview: Gerd Henghuber