Die Natursaftkelterei Wolfra stellt anlässlich ihres 90. Geburtstags drei große Insektenhotels auf: in Bad Birnbach, Erding und Wolfratshausen. Der Pomologe Dr. Sebastian Grünwald hält die Hotels auch in Privatgärten für sinnvoll – aber nur, wenn die Besitzer auch genug blühende Flächen stehen lassen.

Herr Dr. Grünwald, Bienenschutz ist in Mode, und Insektenhotels finden sich in jedem Baumarkt. Helfen sie, das Insektensterben aufzuhalten?

Für sich genommen sind diese Insektenhotels ein Tropfen auf den heißen Stein. Generell mangelt es in unseren Agrarwüsten massiv an Strukturen, in denen Insekten Lebensräume und Nahrung finden. In ein Hotel ohne Restaurant werden keine zahlenden Gäste kommen.

Sind Sie also gegen Insektenhotels?

Nein, weil sie uns auf das Problem aufmerksam machen. Wer sich mit einem solchen Hotel beschäftigt, kommt zwangsläufig nach den Lebensräumen auch auf das Thema Nahrungsangebot.

Was können Privatgartenbesitzer tun?

Ganz einfach: man sollte wenigstens in einer Ecke ein paar blühende Pflanzen stehen lassen, wenigstens einige Quadratmeter, z. B. mehrjährig blühende Stauden oder einen Blühstrauch, und nicht alles dauernd niedermähen. Ein englischer Rasen ist für Insekten ohne Wert.

Dann sind Sie sicher kein Freund der derzeit angesagten Gartengestaltungen mit großen Schotterflächen?

Nein, überhaupt nicht, das hat nichts mit einem Garten zu tun. Es ist sogar ziemlich grotesk, wenn dann in einem solchen Schottergarten ein Insektenhotel aufgestellt wird.

Wer bewohnt eigentlich Insektenhotels?

In erster Linie Wildbienen. Das sind wildlebende Verwandte der Honigbiene, die keine Staaten bilden. Daneben finden sich in den Hotels meist auch Holz- und Schlupfwespen sowie Ohrwürmer.

Haben die Wildbienen auch eine so wichtige Funktion für die Bestäubung von Blüten?

Ihre Bestäubungsleistung ist oft sogar höher als die der Honigbienen.

Wie das?

Die Wildbienen sind viel besser angepasst an das wechselhafte Frühlingswetter. Sie fliegen auch bei relativ feuchter und kühler Witterung, selbst bei nur 7 oder 8 Grad, Honigbienen hingegen erst bei 14 bis 15 Grad. Die Wildbienen versorgen ihre Brut mit einem großen Pollenvorrat und sind daher sehr fleißige Blütenbesucher. Das ist besonders an kalten Frühlingstagen wichtig, wenn die Blüten schon geöffnet sind und auf Bestäubung warten.

Die Insektenhotels, die man im Baumarkt bekommt, sind ja recht aufwändig gebaut mit ganz unterschiedlichen Abteilungen, wozu braucht man die alle?

Die verschiedenen Gruppen von Wildbienen bevorzugen unterschiedliche Materialien für ihr Nest. Manche mögen Holz am liebsten, andere, wie die Mauerbienen, Gestein.  Einige Arten suchen gezielt Löcher mit einer bestimmten Weite, andere brauchen lediglich eine trockene Spalte, die sie dann mit Lehm oder Wachs auskleiden. Im Grunde geht es auch einfacher. Man kann in ein Hotel einfach auch nur rissiges Holz einfüllen oder hohle Holunderäste, Zapfen, Schilfrohr, Stroh sowie einige Steine. Selbst ein Ziegelstein mit Löchern kann ein vortrefflicher Nistplatz sein.

Wo stellt man so ein Hotel am besten auf?

Es sollte warm und trocken stehen, aber nicht in der prallen Sonne. Morgensonne und dann im Tagesverlauf Schatten bis Halbschatten wäre ideal.

Interview: Gerd Henghuber

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